Wie viele Wildunfälle gibt es pro Jahr?
2024 registrierten die Kfz-Versicherungen 276.000 Wildunfälle. Rein rechnerisch kollidiert damit etwa alle zwei Minuten ein kaskoversicherter Pkw mit einem Wildtier. Das allerdings sind nur die versicherten Fälle. Die Dunkelziffer ist nach Schätzungen des deutschen Jagdverbandes fünfmal so hoch.
Die versicherten Schäden durch Wildunfälle summierten sich 2024 auf rund 1,1 Milliarden Euro. Der durchschnittliche Schaden eines Wildunfalls steigt seit Jahren. 2024 zahlten die Versicherer pro Unfall 4.150 Euro – knapp acht Prozent mehr als ein Jahr zuvor. 2021 waren es noch 3.300 Euro. Für den Anstieg gibt es zwei wesentliche Gründe: Erstens sind die Preise für Karosserieteile gestiegen, die nach Wildunfällen häufig ausgetauscht werden müssen. Zweitens verlangen Kfz-Werkstätten höhere Stundensätze.
Wann ist die Gefahr eines Wildunfalls am größten?
Statistisch betrachtet registrieren Versicherungen vor allem im Frühjahr und im Herbst ein erhöhtes Unfallrisiko. Besonders groß ist die Gefahr eines Wildunfalls in den Monaten April und Mai sowie von Oktober bis Dezember. Das sind die Zeiträume, in denen die Tage kürzer beziehungsweise länger werden und der Berufsverkehr in die Dämmerung fällt, wenn viele Tiere unterwegs auf Futtersuche sind und die Straßen kreuzen.
Grafik: Wann die Gefahr von Wildunfällen besonders groß ist
Vorsicht ist trotz der jahreszeitlichen Schwankungen das ganze Jahr hinweg geboten, nicht nur im Frühjahr oder Herbst. Insbesondere in der Dämmerung und nachts müssen Autofahrer mit Wildwechsel rechnen. Sehen sie Warnschilder vor Wildwechsel, sollten sie ihre Fahrweise der Situation anpassen. Vor allem am Rand von Wiesen, Feldern und Wäldern sollten sie in der Dämmerung vorausschauend fahren und das Tempo verringern. Je niedriger die Geschwindigkeit, desto kürzer ist der Bremsweg – und desto niedriger das Aufschlaggewicht, sollte es doch zu einem Unfall kommen.
Wie verhalte ich mich, wenn Wild am Straßenrand auftaucht?
Es keine gute Idee, das Wild mit dem Fernlicht zu blenden. Das Blenden verwirrt die Tiere nur, sie verlieren die Orientierung und laufen manchmal instinktiv auf die Lichtquelle zu. Sinnvoller ist es, Wildtiere durch Hupen zu verscheuchen. Und auf jeden Fall sollten Autofahrer das Tempo drosseln.
Sollten Fahrer versuchen, durch Ausweichmanöver einen Unfall zu vermeiden?
Dabei muss man wissen: Ein sicheres Ausweichmanöver ist keineswegs garantiert. Gerade bei höherer Geschwindigkeit müssen Fahrer sehr aufpassen, dass sie beim Ausweichen nicht mit einem anderen Auto oder einem Baum kollidieren. Oder im Straßengraben landen. Das Ausweichen birgt in der Regel meist größere Gefahren als die Kollision mit einem Wildtier. Daher ist es im Zweifel besser, die Spur zu halten. Klar ist aber auch: Es kann Situationen geben, in denen das Ausweichen unumgänglich oder vielleicht zumindest die bessere Handlungsalternative ist.
Soll ich verletzte Wildtiere von der Straße schaffen – auch zur Sicherheit nachfolgender Autofahrer?
Nein, wurde das Wild bei der Kollision verletzt oder getötet, sollten man es nicht berühren – unter anderem wegen möglicher Tollwutgefahr. Das sollten Autofahrer dem Förster beziehungsweise dem Jagdpächter überlassen.
Welche Versicherung übernimmt den Schaden bei einem Wildunfall?
Schäden am eigenen Auto, die durch sogenanntes Haarwild – wie Rehe und Wildschweine – verursacht werden, übernimmt die Teilkaskoversicherung. Darüber hinaus leistet die Teilkaskoversicherung bei folgenden Schäden:
- Glasbruch
- Fahrzeugdiebstahl/Einbruchsversuch
- Diebstahl/Beschädigung von Zubehör
- Hagel/Sturm
- Überschwemmung
- Brand
Wer eine Vollkaskoversicherung abgeschlossen hat, bekommt den Schaden ebenfalls ersetzt. Denn die Leistungen der Teilkasko sind immer auch in einer Vollkaskoversicherung enthalten.
Fahrer, die ihr Auto lediglich mit einer Kfz-Haftpflicht versichert haben, müssen den Wildschaden aus eigener Tasche bezahlen. Die Kfz-Haftpflichtversicherung übernimmt Sachschäden an fremden Fahrzeugen, wenn man einen Unfall verursacht hat. Gleiches gilt für Personenschäden.
Werde ich in der Kfz-Versicherung nach einem Wildunfall hochgestuft?
Nein. Auf den persönlichen Schadenfreiheitsrabatt in der Teilkaskoversicherung hat ein Wildschaden keinen Einfluss. Schließlich handelt es sich um einen Unfall, der unverschuldet passiert ist.
Was muss ich im Hinblick auf eine zügige Regulierung des Schadens durch meine Versicherung beachten?
Nach dem Unfall sollten Autofahrer ihre Versicherung rasch kontaktieren. Das sollte auf jeden Fall geschehen, bevor irgendwelche Reparaturen am Auto vorgenommen werden – falls im Vertrag nicht ohnehin eine Werkstattbindung vereinbart ist, so dass der Versicherer vorab gefragt werden muss. Für eine schnelle Schadenregulierung ist vor allem die Wildunfallbescheinigung der Polizei, des Försters oder Jagdpächters wichtig. Hilfreich sind außerdem Fotos vom Unfallort, vom angefahrenen Tier und vom Auto.
Übernimmt die Versicherung auch den Schaden, wenn ich dem Wild ausgewichen bin und dabei in den Graben gefahren bin?
Das kommt darauf an: Für die Leistung der Teilkasko ist entscheidend, ob es tatsächlich einen Wildwechsel mit Haarwild gab und der Fahrer deshalb ausgewichen ist. Dies müsste er im Zweifel gegenüber seiner Versicherung auch belegen können. Streng genommen handelt es sich bei einer Kollision infolge eines Ausweichmanövers nicht mehr um einen „Wildschaden“.
Dem Versichertem steht in diesem Fall jedoch ein sogenannter erweiterter Aufwendungsersatz nach § 90 des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG) zu. Das bedeutet, dass ein Versicherer die Kosten des Versicherten erstatten muss, die diesem durch die Vermeidung oder Abmilderung eines unmittelbar bevorstehenden Versicherungsfalls (hier: Kollision mit dem Tier) entstanden sind. Als Beleg können Zeugenaussagen dienen. Zudem sollten Autofahrer zum Beispiel den zuständigen Jäger fragen, ob es frische Wildspuren an der Unfallstelle gibt. Eventuelle Spuren können Sie natürlich auch selbst fotografisch festhalten.
Die Teilkasko übernimmt die Schäden durch Haarwild. Leistet die Versicherung auch bei Zusammenstößen mit anderen Tieren?
Nein. Die Kaskoversicherung übernimmt standardmäßig nicht immer die Schäden am Fahrzeug, die durch eine Kollision mit einem Tier entstanden ist. Manche leisten nur bei bestimmten davon. Denn was viele nicht wissen: Die Versicherer unterscheiden zwischen verschiedenen Tierarten beziehungsweise -gruppen. Im Markt gibt es folgende drei Schutzkonzepte.
1. Der Standardschutz: Haarwild
Bei der Frage, mit welchen Tieren Unfälle versichert sind, orientieren sich die Kfz-Versicherer am Bundesjagdgesetz. Kollisionen mit Tieren, die dort unter Haarwild gelistet sind, decken die Kaskoversicherungen standardmäßig ab. Dazu zählen etwa Dam- und Rotwild (Hirsche, Rehe), Wildschweine, Füchse, Luchse, Wildkaninchen, Marder sowie Feld- und Schneehasen. Ein Zusammenstoß mit einem Wolf wäre demnach nicht abgedeckt. Auch Kollisionen mit entlaufenen Nutztieren wie Schafen oder Rindern wären nicht versichert.
2. Erweiterter Schutz: Haarwild inklusive Nutztiere
Einige Kfz-Versicherungen haben ihren Schutz in der Teilkasko zusätzlich auf Unfälle mit bestimmten weiteren Tieren ausgeweitet, beispielsweise auf Nutztiere. Die Kfz-Teilkaskoversicherung übernimmt dann auch die Kosten für Schäden, die durch Wirbeltiere wie Pferde, Rinder, Schafe und Ziegen entstanden sind.
3. All-Inclusive-Schutz: „Tiere aller Art“
Manche Versicherungen gehen noch einen Schritt weiter und weiten den Versicherungsschutz auf „Tiere aller Art“ aus. Wenn dieser Zusatz im Versicherungsvertrag aufgenommen ist, gelten Unfälle mit sämtlichen Tieren als versichert, also beispielsweise auch mit einem Wolf. Auch Kollisionen mit exotischen Tieren wie einem Strauß, der von einer Farm ausgebrochen ist, wären abgedeckt. Gleiches gilt für Haarwild, das nicht im Bundesjagdgesetz aufgeführt ist. Für Skandinavien-Urlauber relevant ist beispielsweise das Rentier, das im Norden Europas beheimatet ist – und in Norwegen sogar in freier Wildbahn lebt.
Tipp: Achten Sie vor Vertragsabschluss auf die genaue Beschreibung der versicherten Tierunfälle in den Versicherungsbedingungen oder im Produktinformationsblatt, um hinterher keine bösen Überraschungen zu erleben.