Viele Autofahrer sind sich unsicher, ob das Tragen von Flip-Flops am Steuer erlaubt ist oder ob sie sich damit in eine rechtliche Grauzone begeben. Die Sorge ist berechtigt, denn ungeeignetes Schuhwerk kann im Ernstfall dazu führen, dass man die Pedale nicht richtig bedienen kann und so ein Unfall verursacht wird.
Die Rechtslage in Deutschland: Kein explizites Verbot
Um es gleich vorwegzunehmen: Es gibt in Deutschland keine explizite gesetzliche Regelung in der Straßenverkehrsordnung (StVO), die privaten Autofahrern das Fahren mit Flip-Flops, barfuß oder mit anderen bestimmten Schuhen vorschreibt oder verbietet. Weder Flip-Flops noch Badelatschen oder das Fahren ohne Schuhe sind per se verboten.
Völlig irrelevant ist die Frage des passenden Schuhwerks für Autofahrer trotzdem nicht. Denn die StVO enthält eine allgemeine Sorgfaltspflicht für alle Verkehrsteilnehmer. Sie besagt, dass ein Fahrzeug stets sicher geführt werden muss. Laut § 1 der StVO muss der Fahrer unterwegs stets „mit der gebotenen Vorsicht“ und „unter Berücksichtigung der Verkehrslage“ fahren. Dabei gilt die Verantwortung des Fahrers, das Fahrzeug jederzeit sicher zu beherrschen – und hier kommt das Schuhwerk ins Spiel.
Das Risiko: Warum Flip-Flops und Co. beim Autofahren ungeeignet sind
Auch wenn es kein explizites Verbot gibt, bergen Flip-Flops und ähnliche offene oder sehr lockere Schuhe erhebliche Risiken beim Autofahren:
- Mangelnder Halt: Flip-Flops haben oft keinen Riemen an der Ferse und sitzen sehr locker am Fuß. Sie bieten kaum Halt, so dass der Fuß leicht rutschen kann.
- Abrutschen von den Pedalen: Die glatten Sohlen und der mangelnde Halt erhöhen die Gefahr, von den Brems-, Gas- oder Kupplungspedalen abzurutschen. Dies kann insbesondere in einer Notsituation, in der schnell reagiert werden muss, fatal sein.
- Verklemmen unter den Pedalen: Gerade Flip-Flops mit ihren sehr flexiblen Sohlen können sich unglücklich verkanten oder unter einem Pedal (z. B. Bremse) verrutschen, was das Treten oder Lösen des Pedals blockiert.
- Schlechtes Gefühl für die Pedale: Mit lockerem Schuhwerk oder barfuß fehlt oft der nötige "Kraftschluss" und das direkte Gefühl für den Druckpunkt der Pedale, was eine feinfühlige Fahrzeugbedienung erschwert.
All diese Faktoren können dazu führen, dass der Fahrer das Fahrzeug in einer kritischen Situation nicht schnell und sicher genug kontrollieren kann.
Folgen im Falle eines Unfalls: Wenn das Schuhwerk zur Ursache wird
Die eigentlichen Probleme mit ungeeignetem Schuhwerk wie Flip-Flops entstehen im Falle eines Unfalls. Zwar ist das Tragen an sich nicht illegal, aber wenn nachgewiesen werden kann, dass das Schuhwerk eine mitursächliche Rolle bei der Entstehung des Unfalls gespielt hat, weil beispielsweise der Schuh von der Bremse gerutscht ist und sich dadurch der Bremsweg des Fahrzeugs entscheidend verlängert hat, kann dies schwerwiegende Konsequenzen haben.
Hier kommt der Begriff der „groben Fahrlässigkeit“ ins Spiel. Grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn jemand die im Verkehr übliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt, völlig naheliegende Überlegungen nicht anstellt oder das nicht beachtet, was jedem mit gesundem Menschenverstand klar sein müsste.
Wenn ein Gericht zu dem Schluss kommt, dass der Unfall (oder zumindest ein Teil des Schadens) durch das Tragen von ungeeignetem Schuhwerk wie Flip-Flops verursacht oder begünstigt wurde, weil der Fahrer beispielsweise von den Pedalen abgerutscht ist oder ein Schuh sich verklemmt hat, könnte dies als grob fahrlässiges Handeln gewertet werden.
Versicherungsschutz im Schadenfall: Was passiert bei grober Fahrlässigkeit?
Die Feststellung grober Fahrlässigkeit hat direkte und erhebliche Auswirkungen auf den Versicherungsschutz durch die Kfz-Versicherung:
- Kfz-Haftpflichtversicherung: Die Kfz-Haftpflichtversicherung ist gesetzlich vorgeschrieben und deckt Schäden ab, die einem Dritten im Straßenverkehr zugefügt werden. Sie zahlt den Schaden des Dritten auch bei grober Fahrlässigkeit des Fahrers. Das bedeutet, dass der Schaden des Unfallopfers in jedem Fall übernommen wird, unabhängig vom Schuhwerk des Fahrers oder der Fahrerin.
- Kaskoversicherung (Vollkasko und Teilkasko): Deutlich kritischer wird es bei der Vollkaskoversicherung, die Schäden am eigenen Fahrzeug abdeckt. Viele Vollkaskotarife enthalten eine Klausel, die besagt, dass der Versicherer bei grober Fahrlässigkeit die Leistung kürzen oder sogar ganz verweigern kann. Wenn festgestellt wird, dass das Tragen von Flip-Flops oder anderen ungeeigneten Schuhen zur Unfallursache beigetragen hat, könnte Ihr Versicherer die Regulierung des Schadens an Ihrem eigenen Fahrzeug verweigern oder den Schadenersatz erheblich kürzen.
Wichtig: Die Kfz-Versicherung verweigert die Zahlung nicht grundsätzlich, wenn Flip-Flops oder andere ungeeignete Schuhe getragen werden. Die Versicherung kann jedoch dann die Leistung verweigern oder kürzen, wenn das lose Schuhwerk den Unfallhergang stark beeinflusst hat.
Gerichtsurteile zum Thema Schuhwerk im Auto
Im Rahmen der Rechtsprechung wurde mehrfach über die Frage nach dem geeigneten Schuhwerk beim Autofahren entschieden. Eine bekannte Entscheidung ist die des Oberlandesgerichts (OLG) Bamberg:
- OLG Bamberg, Beschluss vom 15.11.2006 (AZ 2 Ss (Owi) 577/06): In diesem Fall hob der Richter den Bußgeldbescheid gegen den Fahrer eines PKW auf, der barfuß am Steuer erwischt worden war. Begründung des Gerichts: Das bloße Fahren ohne geeignetes Schuhwerk stellt noch keine Ordnungswidrigkeit gemäß § 23 Abs. 1 Satz 2 Straßenverkehrsordnung (StVO) dar. Denn die StVO verbietet das Fahren ohne geeignetes Schuhwerk nicht.
- Ungeachtet davon kam der Richter allerdings zu dem Schluss, dass Autofahren mit Flip-Flops oder anderen ungeeigneten Schuhen einen Verstoß gegen die allgemeine Sorgfaltspflicht des Verkehrsteilnehmers nach § 1 StVO darstellt. Das Gericht betonte, dass das Urteil anders ausgefallen wäre, wenn es zu einem Unfall gekommen wäre, für den das Schuhwerk entscheidend gewesen ist.
Was gilt für andere ungeeignete Schuhe und barfuß fahren?
Die Problematik des Abrutschens oder Verklemmen von Schuhen gilt nicht nur für Flip-Flops, sondern auch für viele andere Schuhe, die beim Autofahren problematisch sein können:
- Barfuß fahren: Zwar ist auch das Barfußfahren nicht explizit verboten, aber ohne festes Schuhwerk fehlt der nötige Halt, um die Pedale sicher zu bedienen. In einem Unfallfall könnte barfuß fahren ebenfalls als grob fahrlässig gewertet werden, wenn nachgewiesen wird, dass es die Unfallursache begünstigt hat.
- Badelatschen/Sandalen: Ähnlich wie Flip-Flops bieten viele Badelatschen oder lose Sandalen kaum Halt. Auch bei diesen Schuhen kann das Risiko eines Abrutschens oder Verklemmens hoch sein, weshalb sie ebenfalls als ungeeignet gelten.
- Schuhe mit hohen Absätzen (High Heels): Mit hohen Absätzen fehlt der Kontakt des gesamten Fußes zur Pedale, das Gefühl für den Druckpunkt ist beeinträchtigt, und es besteht die Gefahr, mit dem Absatz hängen zu bleiben oder abzurutschen.
- Schuhe mit dicken Sohlen (Clogs, Bergstiefel): Sehr klobige Schuhe können das Gefühl für die Pedale stark vermindern und das schnelle Wechseln zwischen den Pedalen erschweren.
- Lose im Auto liegende Schuhe: Ein ausgezogener Schuh, der unter das Pedal rutscht und sich dort verklemmt, kann ebenfalls eine gefährliche Situation darstellen. Achten Sie darauf, dass lose Schuhe sicher verstaut sind.
Welche Schuhe sind zum Autofahren geeignet?
Für sicheres Autofahren empfiehlt sich festes und geeignetes Schuhwerk, das:
- Gut am Fuß sitzt und nicht verrutscht.
- Eine Sohle hat, die einen guten Halt auf den Pedalen ermöglicht.
- Nicht zu dick ist, um das Gefühl für die Pedale zu erhalten.
- Nicht zu klobig ist, damit schnelles Wechseln zwischen den Pedalen möglich ist.
Geeignete Schuhe sind zum Beispiel Sportschuhe, Halbschuhe, Loafer oder fest sitzende Sandalen mit Fersenriemen. Diese Schuhe sorgen für die nötige Kontrolle über die Pedale und verhindern das Abrutschen oder Verklemmung von Schuhen.
Berufskraftfahrer und gesetzliche Vorgaben
Berufskraftfahrer sind gemäß den für sie geltenden Unfallverhütungsvorschriften der Berufsgenossenschaften verpflichtet, beim Fahren festes, den Fuß umschließendes Schuhwerk zu tragen. Diese Vorschrift dient der Sicherheit und soll verhindern, dass auch Berufspendler durch ungeeignetes Schuhwerk in gefährliche Situationen geraten.
Fazit: Besser auf Nummer sicher gehen
Auch wenn es kein Gesetz gibt, das Ihnen vorschreibt, welche Schuhe Sie beim Autofahren tragen müssen, oder das Fahren mit Flip-Flops grundsätzlich verbietet, ist das Risiko, das von ungeeignetem Schuhwerk ausgeht, nicht zu unterschätzen.
Im Falle eines Unfalls, bei dem nachgewiesen werden kann, dass Ihre Flip-Flops oder ähnliches ungeeignetes Schuhwerk eine Rolle gespielt haben, müssen Sie mit erheblichen Konsequenzen rechnen. Neben möglichen Bußgeldern oder sogar strafrechtlichen Folgen (im schlimmsten Fall) droht Ärger mit der Kfz-Versicherung, insbesondere bei der Regulierung von Schäden am eigenen Fahrzeug durch die Vollkasko.
Verantwortungsbewusste Autofahrer sollten daher immer festes, rutschsicheres Schuhwerk tragen, um Unfälle und daraus resultierende Probleme mit der Versicherung zu vermeiden. Tipp: Es kann sinnvoll sein, immer ein festes Paar Schuhe im Auto mitzuführen, das man für den Fall der Fälle anziehen kann. So sind Sie stets auf der sicheren Seite.