Kaum ein Thema treibt Arbeitnehmer so intensiv um wie der wohlverdiente Ruhestand nach einem (idealerweise erfüllten) Arbeitsleben. Denn als so „sicher”, wie sie eigentlich jahrzehntelang galt, erscheint sie vielen künftigen Rentnern bei schrumpfendem Rentenniveau und höherem Renteneintrittsalter längst nicht mehr. Dennoch gibt es bewährte Mittel und Wege, früher in Rente zu gehen, ohne dabei allzu große Abschläge in Kauf zu nehmen. Eine private Vorsorge ist hierfür ein wichtiger Baustein.
In Deutschland wird das Alter für eine abschlagsfreie Rente schrittweise auf 67 Jahre angehoben – eine Reaktion auf die Tatsache, dass in den nächsten Jahren 13 Millionen Arbeitnehmer das Renteneintrittsalter erreichen, darunter die geburtenstarken Jahrgänge der sogenannten Babyboomer. Wer unter diesen Voraussetzungen früher in den Ruhestand möchte, muss meist Verluste einkalkulieren.
In diesem Artikel erfahren Sie, mit welchen entscheidenden Tipps die Rente nicht allzu stark schrumpft und wie sie sich ein paar Jahre früher genießen lässt, um mehr freie Zeit zu haben.
Wie kann ich in Frührente gehen?
Ganz so leicht wie noch vor einigen Jahren lässt sich diese Frage mittlerweile nicht mehr beantworten. Früher lag das reguläre Renteneintrittsalter bei 65, ergänzt durch großzügige Vorruhestandregelungen. In Zeiten eines stark beanspruchten Rentensystems und Fachkräftemangels ist die Situation nun aber deutlich komplexer.
Ein Überblick über die Altersgrenzen
Eine frühzeitige Planung und Kenntnis der Altersgrenzen sind entscheidend, um den Übergang in den wohlverdienten Ruhestand optimal zu gestalten:
- Regelaltersrente: Die Regelaltersrente ist die am häufigsten genutzte Form der Altersversorgung in Deutschland. Das reguläre Rentenalter liegt derzeit bei 67 Jahren. Das bedeutet, dass Sie ab diesem Alter Ihre volle Rente beanspruchen können, sofern Sie die erforderlichen Beitragszeiten erfüllt haben. Die Regelaltersrente ermöglicht es Ihnen, ohne Abschläge in den Ruhestand zu gehen.
"Rente mit 63": Die "Rente mit 63" ist ein umgangssprachlicher Begriff und stellt keine Rentenart im Sinne des gesetzlichen Rentenrechts dar. Er beschreibt zwei verschiedene Altersrenten, die bereits vor Erreichen des regulären Rentenalters bezogen werden können: Die „Altersrente für langjährig Versicherte" und die "Altersrente für besonders langjährig Versicherte".
Rente nach 35 Versicherungsjahren
Wer die Mindestversicherungszeit (sogenannte Wartezeit) von 35 Jahren erfüllt, kann bereits vor Erreichen des regulären Rentenalters eine "Altersrente für langjährig Versicherte" erhalten. Frühestmöglich kann diese Rente mit 63 Jahren in Anspruch genommen werden. Allerdings gibt es dafür einen Abschlag auf die bis dahin erreichte Rente. Für jeden Monat, den die Rente vor Erreichen des regulären Rentenalters beginnt, werden 0,3 Prozent von der Rente abgezogen, maximal 14,4 Prozent. Dieser Abschlag bleibt dauerhaft bestehen, auch nach Erreichen des regulären Rentenalters.
Rente nach 45 Versicherungsjahren
Wer die Mindestversicherungszeit von 45 Jahren erfüllt, kann bereits vor Erreichen des regulären Renteneintrittsalters eine "Altersrente für besonders langjährig Versicherte“ erhalten. Sie ist abschlagsfrei und wird umgangssprachlich oft als "Rente mit 63“ bezeichnet. Der Grund: Menschen, die vor 1953 geboren wurden und über 45 Jahre an Versicherungszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung verfügten, konnten bereits mit 63 Jahren ohne Abschläge in Rente gehen. Der abschlagsfreie Renteneintritt zum vollendeten 63. Lebensjahr gilt allerdings nicht mehr für Versicherte, die 1953 oder später geboren wurden. Für sie steigt das mögliche Renteneintrittsalter für diese Altersrente schrittweise von 63 auf 65 Jahre an. Für den Geburtsjahrgang 1964 und alle später Geborenen gibt es die abschlagsfreie Rente dann frühestens im Alter von 65 Jahren.
Wichtig: Die "Altersrente für besonders langjährig Versicherte" kann nicht vorzeitig bezogen werden, auch nicht mit Abschlägen. Das bedeutet: Selbst, wenn jemand beispielsweise mit 16 Jahren angefangen hat zu arbeiten, ist es nicht möglich nach 45 Jahren in den Ruhestand zu gehen, denn es muss zusätzlich das gesetzlich vorgeschriebene Renteneintrittsalter erreicht sein.
- Flexibler Übergang in den Ruhestand: Seit 2017 gibt es die Möglichkeit, schrittweise in den Ruhestand zu gehen. Das sogenannte "Flexirentengesetz" erlaubt es, bereits ab dem 63. Lebensjahr die Altersrente zu beziehen, wenn gleichzeitig weiterhin eine Teilzeitbeschäftigung ausgeübt wird. Dies ermöglicht einen flexiblen Übergang in den Ruhestand und eröffnet mehr Gestaltungsspielraum für den individuellen Renteneintritt.
- Altersteilzeit: Ein weiteres Modell stellt die Altersteilzeit da. Diese ermöglicht einen gleitenden Übergang in den Ruhestand. Dabei wird die bis zur Rente verbleibende Arbeitszeit halbiert. Möglich ist die Altersteilzeit für Arbeitnehmer ab dem 55. Lebensjahr.
Die für Sie relevante Altersgrenze hängt also maßgeblich von der Erwerbshistorie sowie dem Geburtsjahr ab. Dementsprechend entscheidend ist eine frühzeitige Auseinandersetzung mit beiden Faktoren.
Mit welchen Abzügen muss ich bei einer Frührente rechnen?
Eine vorgezogene Altersrente mag verlockend sein, doch es ist wichtig, sich der finanziellen Konsequenzen bewusst zu sein. Wenn Sie sich entscheiden, vor dem Erreichen der Regelaltersgrenze in Rente zu gehen, müssen Sie mit Abschlägen auf Ihre Altersrente rechnen. Diese Abschläge können je nach Ihrem Renteneintrittsalter variieren und haben direkte Auswirkungen auf Ihre monatliche Rentenzahlung.
Die Höhe der Abschläge hängt von der Anzahl der fehlenden Monate oder Jahre bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze ab. Die derzeitige Gesetzeslage sieht vor, dass für jeden Monat vor der Regelaltersgrenze ein Abschlag von 0,3 Prozent auf die monatliche Rente angewendet wird. Das bedeutet: Wenn Sie beispielsweise zwei Jahre vor Ihrem regulären Rentenbeginn in den Ruhestand gehen, würden sich die Abschläge auf insgesamt 7,2 Prozent Ihrer monatlichen Rente belaufen (2 Jahre x 12 Monate x 0,3 Prozent).
5 bewährte Tipps, um früher in Rente zu gehen
Proaktives Handeln und frühzeitige Planung sind die halbe Renten-Miete. Wer erst kurz vor Erreichen der Regelaltersgrenze beginnt, seinen Ruhestand detaillierter zu planen, kann schnell über die Höhe seiner Einkünfte als Rentner enttäuscht sein. Mit diesen Tricks gelingt der nahezu abschlagsfreie Einstieg in den Ruhestand:
- Frühzeitige Finanzplanung: Der Schlüssel zu einem früheren Renteneintritt liegt in einer klugen und frühzeitigen Finanzplanung. Setzen Sie sich klare finanzielle Ziele und entwickeln Sie einen detaillierten Investitionsplan. Hier sollten Sie sich unbedingt professionell beraten lassen.
- Konsequente Ausgabenkontrolle: Überprüfen Sie Ihre Ausgaben genau und identifizieren Sie unnötige Kosten. Durch eine konsequente Ausgabenkontrolle können Sie mehr Geld für Ihre Altersvorsorge zurücklegen und so den Weg zu einem früheren Ruhestand ebnen.
- Maximierung der Altersvorsorge: Nutzen Sie alle verfügbaren Möglichkeiten zur Altersvorsorge optimal aus. Zahlen Sie regelmäßig in betriebliche und private Altersvorsorgepläne ein und profitieren Sie von steuerlichen Vorteilen. Eine kluge Kombination aus verschiedenen Vorsorgeinstrumenten kann Ihnen helfen, Ihre Rente später zu maximieren und mögliche Abschläge in der gesetzlichen Rentenversicherung zu kompensieren. Mögliche Produkte für eine private Altersvorsorge kann eine Lebensversicherung, eine betriebliche Altersvorsorge oder die Riesterrente sein. Zudem werden ETF-Sparpläne und Aktien bei Versicherungsprodukten immer beliebter. Kunden, die sich für eine Rentenversicherung moderner Bauart entscheiden, müssen eine Richtungsentscheidung treffen: Soll das Geld sicherer angelegt werden und dafür auf Rendite verzichtet werden? Oder umgekehrt: Ist eine Vorsorge mit weniger Sicherheit, aber dafür höheren Renditen bevorzugt? Keine einfache Frage, zumal es bei der Altersvorsorge langfristig immer um eine Menge Geld geht. Wie bei allen Formen der Vorsorge gilt auch hier: Eine professionelle Beratung ist in den allermeisten Fällen äußerst sinnvoll.
- Investieren in Ihre Weiterbildung: Investieren Sie in Ihre berufliche Weiterbildung, um Ihre Karrierechancen zu verbessern und Ihr Einkommen zu steigern. Eine bessere berufliche Positionierung kann Ihnen dabei helfen, schneller finanzielle Unabhängigkeit zu erlangen und Ihren Ruhestand früher zu genießen.
- Beratung durch Experten: Wenn Sie Ihren Traum eines frühen Ruhestands verwirklichen möchten, kann die Unterstützung von Finanz- und Versicherungsberatern von unschätzbarem Wert sein. Professionelle Experten können Sie auf Ihrem Weg begleiten, maßgeschneiderte Strategien entwickeln und Sie auf dem Weg zu einem früheren Ruhestand unterstützen.
Um all diese Hinweise in eine sinnvolle Gesamtstrategie zu integrieren und ein belastbares Finanzierungskonzept zu entwickeln, kann unser Rentenrechner erste Zahlen liefern. Durch die Zusammenführung der Ansprüche bei der gesetzlichen Altersrente, privaten Rentenversicherungen und der betrieblichen Altersvorsorge erhalten Nutzer ein klares Ergebnis über ihre zu erwartende Rente. Diese umfassende Berechnung ermöglicht es angehenden Rentnern, mögliche Versorgungslücken zu ermitteln und durch freiwillige Beiträge gezielt zu optimieren.
Rente beantragen: So ist der Ablauf
Der theoretische Grundstein ist mit diesen Hinweisen gelegt. Nach einer ausführlichen Planung und idealerweise Abstimmung mit einem Rentenexperten geht es nun an die konkrete Umsetzung. Es folgt ein Überblick über den wesentlichen Ablauf und die Schritte des Antragprozesses, wenn Sie Ihre Rente einreichen:
- Formular besorgen: Kein Antrag ohne entsprechendes Formular, dies gilt insbesondere für die Rente. Also sollten Sie zunächst das erforderliche Antragsformular bei der Deutschen Rentenversicherung (DRV) anfordern. Dieses Formular kann online auf der offiziellen Website der DRV heruntergeladen oder auf Wunsch auch postalisch zugeschickt werden. Achten Sie darauf, dass Sie das richtige Formular für Ihre spezifische Rentenart wählen. Es gibt verschiedene Rentenarten, die jeweils unterschiedliche Voraussetzungen haben, wie zum Beispiel die Altersrente für langjährig Versicherte oder die Rente für schwerbehinderte Menschen.
- Sorgfältiges Ausfüllen: Nehmen Sie sich ausreichend Zeit, um das Antragsformular sorgfältig auszufüllen. Fehler oder unvollständige Angaben können schnell zu Verzögerungen bei der Bearbeitung führen.
- Beizufügende Unterlagen: Der Rentenantrag sollte mit verschiedenen Unterlagen ergänzt werden, um Ihre Ansprüche zu überprüfen und zu dokumentieren. Zu den häufig erforderlichen Unterlagen gehören Ihr Personalausweis, Ihre Versicherungsnummer, Ihre Rentenversicherungsverläufe sowie ggf. Nachweise über Zeiten der Arbeitslosigkeit, Erwerbsminderung oder Schwerbehinderung.
- Fristgerechte Einreichung: Achten Sie darauf, dass Sie den vollständig ausgefüllten Antrag mit den entsprechenden Unterlagen fristgerecht bei der Deutschen Rentenversicherung einreichen. Die Bearbeitungszeiten können variieren und es ist ratsam, den Antrag möglichst frühzeitig zu stellen, um eventuelle Wartezeiten zu minimieren.
Jetzt von Experten zur früheren Rente beraten lassen
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Entscheidung, früher in Rente zu gehen, eine fundierte und umfassende Planung erfordert. Versicherungsexperten können Ihnen dabei helfen, Ihre individuelle Situation zu analysieren, Ihre Rentenansprüche zu überprüfen und die besten Strategien zu entwickeln, um Ihren früheren Renteneintritt zu realisieren. Dabei sollten Sie frühzeitig mit einer privaten Altersvorsorge in Ergänzung zu Ihrer gesetzlichen Rente beginnen.